Mittwoch, 7. April 2010

Chapeau!

Ich werde mich bemühen, in diesem Post nicht allzu viele Wortspiele zum Thema Kopfbedeckungen aus dem Hut zu zaubern, sondern auf der Hut zu sein, was die zahlreichen Sprichwörter hierzu angeht. Denn wäre dies ein kommerzieller Blog, so könnte ich nach derlei Verfehlungen wohl gleich meinen Hut nehmen.

Doch Spaß beiseite: so sehr der Hut auch im deutschen Sprachgebrauch verankert ist, so selten begegnet man ihm noch auf der Straße. Vor kurzem habe ich mir mal wieder Francis Ford Coppolas "Paten" zu Gemüte geführt. Und abgesehen davon, dass es sich hierbei um einen dieser Filme handelt, die wirklich jeder Mann - sowie jede Frau, die über den tragischen "Unfall" eines Rennpferdes hinwegsehen kann - gesehen haben sollte, ist es auch ein Film, der in Sachen Mode Maßstäbe für denjenigen setzt, der einmal wirklich gut angezogen sein möchte. Was immer die Mafia auf der Leinwand auch Grausames anrichtet, eines kann man ihr nicht nachsagen: dabei schlecht gekleidet zu sein. Auftragsmord? Bitte, gerne, aber nur im Anzug und mit Krawatte, danke.
Zu einem großen Teil spielt der Film in den 1950er Jahren, einer Zeit, in der es für einen Herrn eher unüblich war, ohne Kopfbedeckung das Haus zu verlassen. Was ist daraus geworden?

In heutigen Tagen ist höchstens noch das Trucker-Cap mit derselben Regelmäßigkeit auf der Straße anzutreffen. Schlimmstenfalls ist es mit Tattoo-Motiven meines modischen Erzfeindes verschandelt und wird zu einem derzeit wieder äußerst beliebten (warum?? WARUM!?) Vokuhila dergestalt getragen, dass es nicht fest auf dem Kopf sitzt, sondern locker oben auf den Haaren aufliegt, um die "Frisur" ja nicht zu zerstören.

Ich sehe die e-mails sämtlicher Indie-Band-Sänger schon vor mir, deshalb: ja, ja, es gibt auch Menschen, die noch richtige Hüte tragen. Solche, die in der Form beinahe einem klassischen Fedora entsprechen. Zwar sind diese Hüte dann meist aus Stoff, nicht mehr aus Filz, doch es ist ein Schritt in die richtige Richtung. Lobe ich diese Leute? Keinesfalls. Stattdessen werde ich mich bei Ikea mit Gratis-Maßbändern eindecken und jedem von ihnen eines in die Hand drücken, wenn sie an mir vorbeilaufen. Denn einen Hut in der korrekten Größe zu erwerben, das war diesen Behuteten nicht vergönnt. Nein, ihre Kopfbedeckungen sind zu groß und sitzen knapp über den Augenbrauen - oder, schlimmer noch, sind zu klein. Dann erinnern ihre Träger an den Affen eines Leierkastenmannes (einer Berufsgruppe, die inzwischen offenbar dasselbe Problem wie den Hut ereilt hat; man sieht sie kaum noch). Diesen possierlichen Tierchen wurden in purer Verachtung des "keine Kleidung für Tiere"-Grundsatzes sehr kleine Hüte auf den Kopf geschnallt. Sie waren deshalb so klein, damit der Affe sich nicht durch den Hut irritiert fühlte, und versuchte, den Hut kreischend vom Kopf zu reißen. Bei den Menschen mit zu kleinen Hüten bin ich allerdings versucht, diesen kreischend herunterzureißen und dem Träger bei Unverständnis gegebenenfalls noch eine Bisswunde zuzufügen.

Humphrey Bogart mit Fedora

Eine geschätzte Leserin, J., veranstaltet anlässlich ihres Geburtstages eine "Hut-Party". Abgesehen davon, dass es eigentlich eine Unsitte ist, in geschlossenen Räumen die Kopfbedeckung nicht abzunehmen (bei einer solchen Party darf natürlich eine Ausnahme gemacht werden), werde ich die Gelegenheit nutzen, den perfekten Hut zu finden. Vielleicht schlicht, vielleicht etwas extravaganter. In jedem Fall rate ich meinen geneigten Lesern, sich einen klassischen Hut zuzulegen und ihn öfters mal zu tragen. Er schützt vor Regen, hilft einem "Bad Hair Day" ideal ab, man kann im Zug ein Schläfchen halten und die Fahrkarte für den Schaffner einfach in das Hutband klemmen (auch, wenn sie dann heutzutage vermutlich entwendet wird). Und mal ehrlich, können meine werten Leser sich einen eleganteren Anbandelungsversuch vorstellen, als eine Dame mit dem Lüften des Hutes auf der Straße zu grüßen? Sollten wir uns dann in der Stadt über den Weg laufen, werde ich anerkennend meinen Hut vor Ihnen ziehen.


Dorian Gray:
- ist so frei, einen weiteren Musiktipp zu geben: Something à la mode mit "Rondo Parisiano"
- läutet den Frühling ein, indem er hemdsärmelig in der Sonne sitzt
- befindet, dass die Suche nach schlichten schwarzen Derbys schwieriger ist, als bisher angenommen

5 Kommentare:

Anonym hat gesagt…

Die geschätze Leserin zeigt sich sehr geneigt, dass ihr - quasi - ein Blogeintrag gewidmet wurde. Muss allerdings zugeben, dass sie bis zur Wiki-Recherche vor einer Minute nicht wusste, dass es auch Derbys gibt, die nichts mit Pferden zu tun haben.

Anonym hat gesagt…

Zitat: "Was immer die Mafia auf der Leinwand auch Grausames anrichtet (...)"

Ich dachte du hättest "Gomorrah" gelesen...

Dorian Gray hat gesagt…

Ich habe Gomorrha tatsächlich gelesen, aber was hat das hiermit zu tun? Ich weiß durchaus, dass die Mafia auch neben der Leinwand Böses tut, aber schließlich habe ich mich hier auf die semi-romantische Darstellung im Film bezogen (und selbst da werden laufend Leute erschossen). Ich habe ja nicht gesagt, dass die (50er Jahre-) Mafia lieb und nett wäre, oder?

Anonym hat gesagt…

Frage an meine Mitleserinnen: Wieviele Männer haben vor Euch schon den Hut gezogen? Mir ist es erst einmal passiert, ein ganz unglaubliches Gefühl - wie eine Zeitreise - diese Wertschätzung -

Dorian Gray hat gesagt…

Da bin ich ja mal gespannt... Und wie viele der huttragenden, männlichen Leser haben obige Gdeste schon einmal ausgeführt?