Dienstag, 27. April 2010

Auf dem Holzweg

Es gab Zeichen.

Die zerlöcherte Jeans. Teddyfell-Jacken mit Animal-Prints. Denim in Lila, Türkis und Azur und Bipolar-Goldschmuck. Sogar ein T-Shirt mit Fantasy-Wolf-Mondschein-Aufdruck habe ich vor kurzem gesichtet.

Auch B. hatte mich gewarnt: "Die Jahrzehnte wiederholen sich", so lautete sein Orakel. Und er lag richtig. Die wiederkehrenden Achtziger haben Leggings, Neonfarben und Schulterpolster zurück in die Kleiderschränke gespült; folgen konsequenterweise 2010: die neunziger Jahre.

Ich habe es lange nicht wahrhaben wollen, dass diese Zeit, die uns damals Karottenhosen bei Männern und Igelhaarschnitte bei Frauen beschert hat, wiederkommt. Doch von allen Seiten wird gerade jetzt, wo der Sommer aufkeimt, mit einem "Trend" geschmissen, der mindestens in den Top 5 der hässlichsten, entstellendsten und unsexyesten Modeströmungen landet. Es sind die Clogs.

Diverse Designer haben sie für diese Saison auf den Laufsteg geschickt. Perché, warum, Miuccia? Und sogar du, Karl: J'accuse, Monsieur Lagerfeld! Die hölzernen Folterinstrumente haben in dem Jahrzehnt meiner Kindheit nicht nur sämtliche Krankenhausflure Deutschlands heimgesucht, sondern auch auf den Schuhregalen vor den Haustüren typischer 90er-Familien (zu erkennen an der Kevin-Locke im Nacken der männlichen Sprösslinge) mit Schweden-Affinität ihren Platz gefunden. Und nun sollen sie wieder über die Gehwege der Trendmetropolen klappern. Zwar mit Pailletten verziert, die Absätze etwas höher. Doch Clogs sind es noch immer.


Clogs bei der Chanel-Fashion-Show


Clogs von Miu Miu

Der Ausdruck "Klotz am Bein" bekommt eine neue Bedeutung. Denn mal ehrlich: eine Frau kann Beine bis zum Himmel haben; wenn sie aber unten in diesem klumpigen Schuhwerk enden, fühlt man sich unweigerlich an das Fußproblem eines gewissen deutschen "Politikers" erinnert, der in den dreißiger und vierziger Jahren eine äußerst zweifelhafte Karriere machte.

Deshalb mein dringlicher Appell an die Damenwelt: lasst die Neunziger dort, wo sie hingehören, nämlich in der Vergangenheit. High Heels, Sandalen, Wedges, tragt, was ihr wollt. Ja, holt doch sogar lieber noch (und ich kann kaum glauben, dass ich das hier schreibe) eure Ballerinas für eine weitere Saison aus dem Schuhschrank. Die sind allemal leichter zu ertragen als dieser holzgewordene Alptraum.


Dorian Gray:
- hat seine Neunziger hauptsächlich in einer Levi's 501, zu großen Hard-Rock-Café-Shirts und einer violetten Radlerhose verbracht
- weist explizit auf die erschreckende Namensähnlichkeit von "Crocs" und "Clogs" hin
- kann den Neunzigern einzig und allein Gangsta Rap als positive Eigenschaft abgewinnen - damals noch authentisch

1 Kommentar:

jules hat gesagt…

du hast vollkommen recht!!!!