Donnerstag, 4. Juni 2009

Angst essen Seele auf

Natürlich gibt es bei modischen Eigenheiten nicht immer nur "falsch" oder "richtig". Wie bereits öfters erwähnt, ist vieles Geschmackssache. Über viele modische Fehltritte lässt sich allerdings nicht diskutieren - schon gar nicht mit mir. Doch man beachte: "falsch" kann oftmals nicht bloß falsch sein. Es geht noch weit schlimmer. Ein Beispiel:
Wenn man ein T-Shirt trägt, dass permanent einen Streifen Bauch hervorblitzen lässt, so fällt dies unter "Fauxpas". Kurze Shirts sind okay, zu kurz - nein. Wenn man (und von jetzt an gehe ich nur noch von weiblichen Beispielspersonen aus, denn in Kategorie 1 gibt es durchaus noch männliche Vertreter, im Folgenden eher nicht mehr - zumindest nicht abseits des CSD) nun aber BEWUSST ein bauchfreies Shirt, Top, was-auch-immer aus dem Kleiderschrank zieht und sich allen Ernstes denkt "hm, das könnte ich mal wieder anziehen. Da blinkt mein Playboy-Bunny-Piercing auch so schön aus dem Bauchnabel hervor", ist das kein Fauxpas mehr, sondern schon eine regelrechte Stilsünde. Erstens sind die Neunziger vorbei, zweitens war das schon damals furchtbar (auch, wenn es noch niemand wusste) und drittens haben 90% aller Frauen, die sich für ein solches Outfit entscheiden, nicht den geeigneten Bauch dazu.

Es geht nicht schlimmer? Selbstverständlich. Und ich möchte betonen, dass die folgende Schilderung nicht meiner grusligen Phantasie entsprungen ist, sondern sich heute genau so!!! im Balzac Coffee-Shop in der Langen Reihe ereignete, als ich nichtsahnend mit L. dort saß und meine Kaffee-Vergewaltigung schlürfte.
Auftritt "Stil-GAU". Wobei man das Wort "Stil" hier nicht mehr benutzen sollte, auch nicht für eine Negativ-Beschreibung, denn es gibt nichts, was der Bedeutung von Stil ferner läge. Jedenfalls öffnet sich die gläserne Tür und der Modegott (uh, damit habe ich auch Blasphemie in diesen Blog eingebaut) weint über das, was kommt.
Sie. Bauchfrei, natürlich. Links und rechts wallt und wogt weißes Fleisch über die beige Stretch-Schlaghose. Das Ganze in Kombination mit roten Turnschuhen mit KLETTVERSCHLÜSSEN (diese totaaaal angesagten, schrägen Klettverschlüsse) und blonden, längst weit rausgewachsenen Strähnen inmitten des braunen Pottschnittes. Zurück zur Körpermitte: Das Top lässt nicht nur den Bauch frei. Nein, es ist auch noch gemustert. Gemustert!! Es scheint einem Alptraum der 60er Jahre entsprungen zu sein: Brauner Grundton, darauf verteilt in Reihen angeordnete, 5-Mark-Stück-große rote Punkte mit silbrig-blauer Umrandung. Stretch-Stoff. Dezente Falten am Bauch. Und ich meine nicht Falten im Stoff.

Im Radio läuft gerade "Everybody Hurts" von R.E.M. Ich mag R.E.M. nicht, aber das Lied trifft den Ton meiner Stimmung angesichts dieses Desasters. Falls die werte Dame meinen Blog tatsächlich lesen sollte (ha, ha) : ich biete mich für ein Umstyling an. Ich BEZAHLE sogar dafür. Und das ist doch ein Angebot, oder nicht?


Dorian Gray:
- hat gestern seine Gelüste beim "Private Sale" von Ralph Lauren befriedigt
- trägt seine Wunden und blauen Flecken vom Wochenende mit Stolz
- hält "Fegefeuer der Eitelkeiten" für einen Meilenstein der Literatur, aber kann mit Goethe nichts anfangen

3 Kommentare:

Heidi Highheel hat gesagt…

Ich liebe dich alleine schon dafür, dass du Goethe nicht magst... und bin unfassbar neidisch auf deine fabelhafte neue TOM FORD Sonnenbrille!

Hannah hat gesagt…

Meinst du nicht, dass das ein wenig ZU Gossip Girl ist?

Dorian Gray hat gesagt…

Nein. Ich ziehe nicht über die Eigenheiten meiner New Yorker Clique her, sondern über fremde Menschen, die nie etwas von ihrem Schicksal erfahren werden.
Im Übrigen: Was ist daran schlimm, wenn etwas "Gossip Girl" ist? Es sei auf den Titel dieses Blogs verwiesen, der den geneigten Leser durchaus darauf hinweist, dass hier MÖGLICHERWEISE eine Spur Gossip zu erwarten ist. Wen dies stört, der sollte nicht lesen.